Wenn wir mit dem heutigen Finanzierungssystem und seinen Fehlanreizen weiterwursteln, vergeben wir die Chance, die bestehenden Fehlanreize endlich zu korrigieren.
Der medizinische Fortschritt macht immer mehr Behandlungen ambulant möglich. Das spart Kosten und Patientinnen und Patienten sind schneller wieder selbstständig. Doch die Schweiz hinkt dieser Entwicklung hinterher. Immer noch kommt es bei uns zu vielen nicht zwingend nötigen stationären Eingriffen mit Spitalübernachtungen. Auch der Pflegeheimeintritt erfolgt häufig früher als nötig. Das ist teuer und die Gesundheitskosten steigen, ohne dass sich die Qualität verbessert.
Heute agieren die zahlreichen Akteure im Gesundheitswesen in ihren eigenen Silos. Die Koordination unter den Leistungserbringern, den Versicherern und den Kantonen bleibt in der Regel auf der Strecke. Da eine koordinierte Versorgung vor allem im ambulanten Bereich stattfindet, geht der Aufwand dafür voll zulasten der Krankenversicherer und somit der Prämienzahlenden. Die Einsparungen durch die Koordination fallen jedoch oft im stationären Bereich an. Das heisst: Bezahlt wird die Koordination heute von den Prämienzahlenden, entlastet werden aber die Kantone.
Die Prämien sind die Hauptsorge Nummer 1 der Schweizerinnen und Schweizer. Die Kostenlast verschiebt sich immer mehr in den ambulanten Bereich. Das führt automatisch dazu, dass die Prämienzahlenden einen immer höheren Anteil an den Gesamtkosten übernehmen müssen. Denn an den ambulanten Kosten beteiligen sich die Kantone heute nicht. Auch darum sind die Prämien in den letzten Jahren stärker gestiegen als die Gesundheitskosten. Dieser zusätzliche Prämienschub ist unnötig. Es braucht dringend eine Korrektur.
Das Verdikt zur BVG-Reform fiel am 22. September 2024 überdeutlich aus.
67 Prozent der Stimmenden sagten Nein. Alle Kantone lehnten die Vorlage ab. Nur 26 von 2126 Gemeinden befürworteten die Pensionskassenreform. Das Nein an der Urne kam mit Blick auf die Umfragen vor dem Urnengang nicht überraschend. Die Deutlichkeit des Resultats erstaunt jedoch.
Ist das nun einen Scherbenhaufen?
Für mich Ja. Es wurden damit Chancen vertan. Die Reform, die ich immer als gangbarer Kompromiss angesehen hatte, hätte die Arbeitsmarktfähigkeit älterer Arbeitnehmender erhöht und insbesondere für Menschen mit tieferen Einkommen und vielen teilzeitarbeitenden Personen markante Verbesserungen gebracht. Nun ist passiert was ich befürchtete. Die Vorlage ist und war schlicht überladen und zu komplex. Kurzum es wurde nicht verstanden. Dann hat sich auch noch das Bundesamt für Sozialversicherungen bei der AHV kräftig verkalkuliert und ein richtiges Zahlen Chaos auf die Politbühne gezaubert. Das eine hat zwar mit dem andern nichts zu tun. Der Vertrauensbruch in die Politik wurde damit aber lanciert. Der Bundesrat und die Parlamentarier sind umso mehr gefordert, Schritte einzuleiten, damit die 2. Säule weiterhin den Auftrag für das was seit der Einführung im Jahre 1985 bestimmt wurde erfüllt wird. Ich erwarte eine Vorlage die in kleineren Schritten und verständlicher zur Abstimmung vorgelegt wird.
Sinn und Zweck der beruflichen Vorsorge (admin.ch)